Funkstille…

Endlich nehme ich mir wieder einmal die Zeit um mich hinzusetzen und einen Bericht zu schreiben. Unsere drei Racker halten uns ganz schön auf Trab, so dass es immer irgendetwas zu tun gibt, zudem ist Deutschland aber auch nicht Amerika und es passieren einfach nicht so viele ungewöhnliche Dinge hier, über die es sich zu berichten lohnen würde 🙂

Nach dem letzten Bericht ist erst mal unsere dritte Prinzessin, Olivia Grace, mit einem Blitzstart zur Welt gekommen. Sie hat uns von Anfang an viel Freude bereitet und ist ein kleiner Sonnenschein.

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Zu fünft haben wir die Gegend erkundet, waren auf vielen Festen und hatten vor allem im Sommer viel Besuch aus der Heimat und sogar aus Amerika. Hier in Beilngries ist andauernd etwas los, so dass sich unsere Gäste schon beinahe streiten, wer wann hier sein darf 🙂

Für das alljährliche Volksfest haben wir uns natürlich mit Dirndl, Lederhosen etc. ausgestattet, damit wir auch beim Trachtenweltrekord im September mitmachen konnten. Das war ein lustiger Nachmittag. Die Leute kamen in Strömen, der Platz hat nicht ausgereicht und im Festzelt war es so heiss, dass sogar Leute umkippten. Wir haben zum Glück zwei Plätze ganz am Rand ergattert und hatten somit etwas „Frischluftzufuhr“.  Während des zehntägigen Festes waren wir etwa fünf Mal dort. Natürlich durften auch Karussell, Hendl und Bier nicht fehlen…

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Auch zu erwähnen sind das Altstadtfest Mitte Juli, die Musiknacht (Bayerische Musikanten ziehen von einem Wirtshaus zum andern), der Bühler Beilngries Triathlon (Lukas‘ Firma hat hier das Namenssponsoring übernommen), das Entenrennen der Lions, die Turmweihnacht, der Weihnachtsmarkt – es ist echt immer etwas los hier. Und ist in Beilngries einmal nichts los, so läuft bestimmt in einem der umliegenden Dörfer etwas.

Im September haben wir eine Ferienwoche in einem Kinderhotel im Bayerischen Wald genossen. Wobei von geniessen kann man eigentlich nicht sprechen, da der Urlaub nicht wirklich Urlaub war. Wir hoffen, dass wir es dieses Jahr einmal irgendwo an den Strand schaffen und uns auch wirklich ein bisschen erholen können.

In der Weihnachtszeit waren wir auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Schloss Thurn und Taxis in Regensburg. Ein spezieller, sehr schöner und empfehlenswerter Weihnachtsmarkt.

Anfang Februar waren wir auf dem Rossmarkt in Berching, dem grössten Wintervolksfest der Oberpfalz. Auch der Ministerpräsident Horst Seehofer (übrigens Ehrenmitglied bei den Lions Beilngries, wo Lukas seit November 2016 auch Mitglied ist) war dort und hat sogar eine 50-minütige Rede in der Kälte gehalten.

Im Januar war es lange sehr kalt, so dass die Seen und Kanäle dick zugefroren waren, sogar die Schifffahrt auf dem Main-Donau-Kanal musste eingestellt werden. Wir haben die Kälte und den Schnee genutzt, um auf dem See zu spazieren, am Kanal zu schlitteln und Schneemänner zu bauen.

Ja, ich vermisse das warme Wetter von North Carolina 🙂

Etwas Negatives ist hier leider wieder gleich wie in den USA, auch in Deutschland bezahlen wir viel höhere Autoversicherungsprämien als die Einheimischen. Die deutschen Versicherungen interessiert es nicht, dass wir in den USA unfallfrei gefahren sind, diese Jahre werden nicht anerkannt. Auch aus der Schweiz werden nicht alle unfallfreien Jahre anerkannt, so dass die Prämien einige Hundert Euro teurer als normal sind.

Mit den Kindern besuchen wir die Krabbelgruppe, das Kinderturnen, waren beim Kinderfasching etc., alles Dinge, die wir aus Amerika nicht kennen. Wir haben bald alle Spielplätze in der Umgebung ausprobiert und sind selten alleine da. Die meisten hier haben mehrere Kinder, aber halt meist in einem etwas grösseren Abstand. So fallen wir immer ein wenig auf mit kleinen Zwillingen und einem Baby und deshalb kennt man uns auch (nicht nur, weil wir ausländisch sprechen und einen roten Kinderwagen für drei in der Gegend rumschieben) 🙂

Vor einiger Zeit war ich aus Neugier auf einem Kinderbasar, da traute ich meinen Augen kaum. In einer riesigen Halle wurde alles, was es für Kinder braucht, aus zweiter Hand angeboten. Die Auswahl und auch die Menschenmenge (lange Warteschlange schon vor dem Eingang)  waren überwältigend. Ich weiss nicht mal, ob es so etwas in der Schweiz auch gibt…

Trotzdem ist das Alltagsleben mit kleinen Kindern hier nicht so kinderfreundlich wie in den USA.

Das Einkaufen mit Kindern ohne die grossen Einkaufswagen auf denen zwei oder drei Kinder Platz finden oder den Kindereinkaufswagen macht nicht so Spass und auch mit unserem grossen Kinderwagen ist es oft schwierig, da es entweder überall Stufen hat oder die Türen zu eng sind usw. In den Kaffeehäusern und Restaurants gibt es oft keinen Platz für den Wagen und eine Spielecke gibt es sowieso nirgends. Zum Glück sind wir jetzt meistens nur noch mit dem Buggy für Olivia unterwegs. In den USA gibt es in jedem Geschäft eine Toilette, überall sind die Toiletten zudem rollstuhlgängig, das heisst auch kinderwagentauglich, dies ist hier leider nicht der Fall. Wenn es überhaupt eine hat (in den Geschäften sowieso nicht) dann sind sie zu 95 % nicht mit dem Kinderwagen erreichbar (für uns nicht mehr relevant, aber ich denke oft, wie hätte ich das bloss gemacht mit den Zwillingen). Einen Wickeltisch findet man hier auch nur selten. Was mich manchmal auch ziemlich stört, ist der Umstand, dass überall Süssigkeiten für die Kinder verteilt werden. Beim Bäcker und Metzger geht es noch, da gibt es wenigstens Breze und Wurst, aber egal ob in der Apotheke, im Kleiderladen, im Rathaus, beim Arzt oder im Schuhladen – überall erhalten die Kids eine Tüte Gummibärchen. An den Festumzügen werden jeweils sogar tonnenweise Süssigkeiten verteilt/in die Menschenmenge geworfen.

Alles in allem gefällt es uns aber sehr gut hier und wir geniessen die Zeit in Bayern!

Nachdem Nicole vieles über unser Leben in Oberbayern erzählt hat, möchte ich, Lukas, noch ein paar Worte über die Arbeit bei Bühler in Beilngries folgen lassen: Ich bin nun schon seit über einem Jahr als Personalchef und Geschäftsführer der Standorte Beilngries und Döbeln im Amt. Es macht mir grossen Spass und viele neue Herausforderungen warten tagtäglich auf mich. Das dazugewonnene Amt als Geschäftsführer (mein Chef der Business Area Grain Logistics ist in der Schweiz wohnhaft, somit kann er in Deutschland die GF-Position nicht innehaben) öffnet halt in Deutschland schon noch so manche Türe, die mir als HR-Leiter in diesem Umfang nicht offen stände. Das gibt mir natürlich noch viel mehr Möglichkeiten, unsere Firma stärker in der Region vertreten zu können (ist auch „bitter nötig“, da der grosse Konkurrent aus Ingolstadt, die Audi AG, seine Fühler weit austreckt). Die Deutsche Arbeitskultur ist nicht viel anders als in der Schweiz, trotzdem gibt es doch ein paar kleine Unterschiede: Hier muss ich stärker Anweisungen erteilen, wo hingegen in der Schweiz mehr entwicklungsorientiert gearbeitet wird. Dann noch das „Duzis-Verhalten“ 🙂 Obwohl, hier in Bayern ist es etwas lockerer als in Norddeutschland. Bei Bühler Beilngries pflegen wir einen lockeren Umgang mit dem Du, aber im gesellschaftlichen Umfeld ist es Gebrauch, dass einem das Du offiziell angeboten wird. Irgendwie auch gut, war es doch auch so bei uns so, als wir aufgewachsen sind. In Bayern ist es noch so, dass das Du mehr ist, als einfach nur so „lockerer Umgang“. Ein Beilngrieser erklärte mir kürzlich: Wenn ich mit jemandem Duzis mache, dann würde ich mit dieser Person auch ein Bier im Wirtshaus trinken gehen.

Anmerkung von Nicole: Das erste und wahrscheinlich letzte Mal in meinem Leben bin ich in der Situation „Frau des Geschäftsführers des grössten Arbeitgebers des Ortes“, was ich nicht gerade täglich, aber oft merke. Da können in einer Gruppe z.B. alle per Du sein und ich kann drei Mal „duzis“ machen, trotzdem bleibt es beim Sie (auch unter Nachbarn oder beim Friseur etc. wird nicht einfach duzis gemacht). In den Geschäften in Beilngries merkt man den Unterschied ebenfalls. Schon verrückt, welches Gewicht die Funktion im gesellschaftlichen Leben erhält.

Vorletztes Wochenende war für uns Ostern und Zwillingsgeburtstag. Da war einiges los. Hierzu noch einige Bilder 🙂

In diesem Sinne wünschen wir allen eine gute Zeit und schönes Wetter und grüssen herzlich aus Oberbayern, Nicole & Co. (April 2017)

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